NIS-2-Umsetzungsgesetz und KRITIS-Dachgesetz: Auswirkungen auf Energieversorgungsunternehmen in Deutschland
Die fortschreitende Digitalisierung, die damit einhergehenden Sicherheitsanforderungen und die konkreten Bedrohungen durch physische und virtuelle Angriffe führen zu neuen und geänderten gesetzlichen Regelungen, um kritische Infrastrukturen (KRITIS) zu schützen. In diesem Kontext ziehen das NIS-2-Umsetzungsgesetz und das KRITIS-Dachgesetz auch für Energieversorgungsunternehmen in Deutschland relevante Änderungen nach sich.
NIS-2-Umsetzungsgesetz
Die Richtlinie (EU) 2022/2555 mit dem Titel „Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in der Union“, bekannt als NIS-2-Richtlinie, ist eine Weiterentwicklung der ersten derartigen Richtlinie von 2016. Ziel ist es, die Cyber-Resilienz und die Sicherheitsstandards innerhalb der Europäischen Union weiter zu harmonisieren und zu verbessern. Das deutsche NIS-2-Umsetzungsgesetz überführt diese europäische Richtlinie in nationales Recht.
Das NIS-2-Umsetzungsgesetz erweitert den Anwendungsbereich der Regulierung auf weitere Sektoren und Unternehmen. Dies schließt nun auch kleinere Unternehmen ein, die zuvor nicht abgedeckt waren. Dabei unterscheidet das Gesetz drei Gruppen von Einrichtungen in den jeweiligen Sektoren (z. B. Energie, Wasser und Abwasser, Entsorgung):
- besonders wichtige Einrichtungen: Unternehmen ab 250 Mitarbeitern oder über einem Jahresumsatz von 50 Mio. EUR und und einer Bilanzsumme von über 43 Mio. EUR sowie einige Sonderfälle, wie z. B. kritische Anlagen unabhängig der Unternehmensgröße und des Umsatzes
- wichtige Einrichtungen: Unternehmen ab 50 Mitarbeitern oder über einem Jahresumsatz von 10 Mio. EUR
- Betreiber kritischer Anlagen (KRITISBetreiber): Überschreitung von anlagenspezifischen Schwellenwerten, in der Regel entsprechend 500.000 versorgten Personen.
In Deutschland werden durch das NIS-2-Umsetzungsgesetz zukünftig ca. 30.000 Unternehmen von den Vor gaben betroffen sein, die bisherige Regulierung für den Bereich der Kritischen Infrastruktur durch das BSI-Gesetz umfasst lediglich ca. 2.900 Unternehmen.
Inhaltlich werden durch das NIS-2-Umsetzungsgesetz strengere Anforderungen an die IT- und Informationssicherheit gestellt, um das technische und organisatorische Sicherheitsniveau zu verbessern. Dies umfasst unter anderem die Implementierung fortschrittlicher Technologien zur Überwachung und Abwehr von Cyber-Angriffen sowie die Schulung des Personals im Bereich der Cyber-Sicherheit. Zudem werden weitreichende Maßnahmen zum Risikomanagement, zur Vorfallserkennung und -bewältigung sowie zu Mindeststandards für Cyber-Sicherheit gefordert. Betroffene Unternehmen müssen beispielsweise Sicherheitsvorfälle, wie Hacker-Angriffe oder schwerwiegende IT-Störungen, zukünftig schneller und umfassender an die Behörden melden. Für den Einsatz von bestimmten IKT-Produkten, -Diensten und -Prozessen werden durch das NIS-2-Umsetzungsgesetz obligatorische Cyber-Sicherheitszertifizierungen gefordert.
Die allgemeinen Sorgfaltspflichten von Leitungsorganen und das gesellschaftsrechtlich geforderte Risikomanagement umfassen bereits heute die Verpflichtung der Unternehmensleitung, angemessene Maßnahmen für die IT- Sicherheit zu realisieren. Diese Verpflichtungen werden durch eine explizite Umsetzungs-, Überwachungs- und Schulungspflicht für Geschäftsleiter durch das NIS-2-Umsetzungsgesetz bekräftigt und konkretisiert.
Ein Nachweis der Umsetzung durch entsprechende Prüfungen ist für Betreiber kritischer Anlagen obligatorisch. Für besonders wichtige und wichtige Einrichtungen sieht das NIS-2-Umsetzungsgesetz ebenfalls in Teilen entsprechende Nachweispflichten vor. Bei Nichteinhaltung der Vorschriften des NIS-2-Umsetzungsgesetzes drohen erhebliche Geldbußen zwischen 100.000 und 20 Mio. EUR, teils gekoppelt an den weltweiten Umsatz, sowie weitere Sanktionen.
KRITIS-Dachgesetz
Das KRITIS-Dachgesetz zielt darauf ab, den Schutz von KRITIS-Betreibern vor physischen Angriffen und die Resilienz (Widerstandsfähigkeit) zu verbessern. Betroffen sind Betreiber kritischer Anlagen (KRITIS) in den meisten KRITIS-Sektoren.
Das KRITIS-Dachgesetz sieht eine zentrale Koordination und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Behörden und KRITIS-Betreibern vor, um Sicherheitsmaßnahmen effektiv zu gestalten und umzusetzen. Es werden einheitliche Sicherheitsstandards festgelegt, die für alle KRITIS-Betreiber gelten. Diese Standards werden kontinuierlich aktualisiert, um den sich wandelnden Bedrohungslagen gerecht zu werden. Die Aufsicht hierüber führt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gemeinsam mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) sowie teilweise in Zusammenarbeit mit Landesbehörden.
Betreiber kritischer Infrastrukturen müssen gemäß KRITIS-Dachgesetz regelmäßige Risikoanalysen durchführen und ihre Sicherheitsmaßnahmen entsprechend anpassen. Betroffene Unternehmen müssen zudem im Rahmen des Business Continuity Managements (BCM) individuelle Notfallpläne entwickeln und regelmäßige Krisenmanagementübungen durchführen, um ihre Reaktionsfähigkeit bei Sicherheitsvorfällen zu gewährleisten.
FAZIT
Das NIS-2-Umsetzungsgesetz und das KRITIS-Dachgesetz stellen wesentliche Schritte zur Verbesserung der Sicherheit und Resilienz kritischer Infrastrukturen in Deutschland dar. Auch für Energieversorgungsunternehmen bedeuten diese Gesetze eine erhebliche Erhöhung der Anforderungen an ihre Sicherheitsmaßnahmen und Meldepflichten. Die hierzu notwendigen Investitionen in Cyber-Sicherheitslösungen und die Anpassung interner Prozesse werden zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen erfordern, jedoch das Sicherheitsniveau und die Resilienz nachhaltig verbessern und damit einen wesentlichen Beitrag auch zur Sicherung des nachhaltigen Geschäftserfolgs der betroffenen Unternehmen leisten.
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